ELLE ist eine amerikanische Street-Art-Künstlerin. Für Norwegian Cruise Line hat sie die „Luna“ gestaltet. Marie Claire hat mit ihr darüber gesprochen und über ihre weitere Arbeit.
Überall auf der Welt hat ELLE ihre bunten Kunstwerke mit gesellschaftlichem Hintergrund auf Gebäuden verewigt. Auch in Berlin (Wiener Straße) kann man ihre Arbeit bewundern. Nun hat sie für Norwegian Cruise Line das neue Kreuzfahrtschiff „Luna“ gestaltet. Marie Claire hat mit ihr über Kunst, Liebe und ihre deutsche Seite gesprochen.
Street Art Künstlerin ELLE. Foto: Shannyn Higgins
Marie Claire: Deine Kunstwerke beeindrucken mit kräftigen, manchmal leuchtenden Farben. Was bedeutet dir Farbe?
ELLE: Ich habe eine tiefe Leidenschaft für Farben und die endlosen Möglichkeiten, die sie bieten – man kann mich zweifellos als Farb-Enthusiastin bezeichnen.
Farbkombinationen sind etwas, wovon ich besessen bin, und ich erforsche ständig, was harmonisch wirkt und was nicht. Farbe ist nicht nur meine Leidenschaft, sondern auch ein zentrales Thema in meinem Beruf. Die Gestaltung der „Hull Art“ für das neue Schiff der Norwegian Cruise Line war eine besondere Herausforderung, da ich nur 32 Farben für die gesamte Oberfläche verwenden durfte. Normalerweise arbeite ich mit einer viel breiteren Farbpalette und verwende oft jede Sprühfarbe, die ich finden kann, daher war dies eine Abweichung von meinem üblichen Ansatz. Um diese Herausforderung zu meistern, erstellte ich eine akribische Farbtabelle und entschied sorgfältig, welche Farbtöne nebeneinander platziert werden konnten, um die visuelle Gesamtharmonie des Designs zu erhalten.
MC: Wovon hast du dich für diesen neuen Job inspirieren lassen?
E: Sarah Hall Smith, die künstlerische Leiterin von Norwegian, lud mich ein, einen Entwurf für das Hull Art der Norwegian Luna einzureichen. Ich flog nach Florida und gemeinsam mit Sarah, dem CEO David Herrera, dem Marketing-Team und vielen anderen diskutierten wir über die Vision, das Thema und die Stimmung, die sie sich für das Schiff erhofften. Sobald ich eine Vorstellung von dem gewünschten Gefühl rund um Kunstwerk auf dem Schiffsrumpf hatte, entwickelte ich mein eigenes Konzept innerhalb dieses Rahmens.
Luna, die Verkörperung der Traumwelt, hat mich dazu inspiriert, etwas ebenso Schönes wie Surreales zu schaffen. Ich wusste, dass dieses Schiff unzählige magische Reisen ermöglichen würde, und ich wollte, dass das Design diesen Sinn für Abenteuer und Wunder widerspiegelt. Ich stellte mir den Rumpf als eine Reise durch eine surreale Landschaft vor, mit Elementen wie Wolkentieren, die in der Mitte des Schiffes auftauchen, um ein kindliches Gefühl der Entdeckerfreude hervorzurufen. Luna selbst ist am Bug zu finden, aber sie taucht auch im gesamten Schiffsdesign auf, was ein Universum mit mehreren Monden suggeriert. Es gibt den Sonnenuntergang, die Dämmerung und den Nachthimmel. Jeder ist eingeladen, sein Tierkreiszeichen zu finden, das auf dem Schiff versteckt ist. Es war eine unglaubliche Erfahrung, ein Kunstwerk zu schaffen, das über die Meere gleitet und für alle sichtbar um den Globus reist.
MC: Wie planst du sonst deine Projekte, woher kommen deine Ideen?
E: Wenn ich ein Kunstwerk erschaffe, versuche ich, mich selbst so weit wie möglich aus der Gleichung zu entfernen. Vor kurzem habe ich Rick Rubins „The Creative Act“ gelesen, und es hat mich daran erinnert, dass man auf das Universum hören muss, um wirklich etwas zu kreieren. Ich lasse mich inspirieren, indem ich meinen Geist zur Ruhe bringe und die Natur beobachte – ich beobachte Pflanzen, den Himmel, studiere sie und meditiere. Ich fühle mich besonders von den Farbkombinationen der Natur angezogen, und manchmal werde ich auch von großen Kunstwerken in Museen beeinflusst.
Seit kurzem experimentiere ich auch mit künstlicher Intelligenz, um Bilder zu generieren, die ich dann durch Collagen in meine Kunstwerke einfüge. Ich finde künstliche Intelligenz faszinierend – ein Spiegelbild unserer Zeit – und glaube, dass es wichtig ist, zu erforschen, was sie heute zu kreativen Prozessen beitragen kann.
MC: Auf welche Arbeit bist du besonders stolz?
E: Ich habe viele Lieblingsstücke, doch eines, das heraussticht, ist ein Kunstwerk das ich für das STRAAT-Museum in Amsterdam geschaffen habe. Ich glaube allerdings, dass mein neuestes Werk für Norwegian Cruise Line es noch übertreffen wird. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass sich meine Kunst eines Tages über 322 Meter erstrecken und um die Welt reist. Es ist wirklich ein wahr gewordener Traum, ein Kunstwerk zu haben, das an der Seite von Delfinen „schwimmt“ und Ozeane überquert. Es ist ein unglaubliches Gefühl, zu wissen, dass mein Werk seine eigene Reise um den Globus antreten wird.
MC: Du liebst Design, Farbe. Spielt auch Mode eine große Rolle in deinem Leben?
E: Ich hatte die Gelegenheit, Modekollektionen für Marken wie Reebok und Tango Hotel zu entwerfen, und ich habe auch mit anderen Marken der Modebranche zusammengearbeitet. Es ist unglaublich aufregend zu sehen, wie Kunstwerke in Bezug zu fast allem gebracht werden können. Die Möglichkeiten sind endlos, und ich liebe die Vorstellung, dass Kunst die Limitierung traditioneller Leinwände überwinden kann. Es gibt überall Möglichkeiten, Kreativität in neue und unerwartete Bereiche einzubringen.
MC: Fließen auch deine Gefühle mit in deine Arbeit ein?
E: Bei meiner Arbeit geht es weniger um meine persönlichen Emotionen als vielmehr um die Auseinandersetzung mit wichtigen globalen Themen. Meine Arbeit in Berlin zum Beispiel befasst sich mit dem Thema der globalen Erwärmung. Es zeigt eine Frau, die einen Eisberg in der Hand hält, mit Wasser und Eis im Hintergrund und dem Auge der Mona Lisa – als Symbol für eine umfassendere Frage: Was geschieht mit Mutter Erde? Ich male zwar abstrakt und poetisch, aber ich lasse mich immer auf die Botschaft ein, die ich vermitteln möchte. Themen wie Frieden, Liebe, Natur und weibliche Ermächtigung stehen im Mittelpunkt meiner Arbeit. Bevor ich ein Werk beginne, frage ich mich, was für dieses Kunstwerk wichtig ist. Was kann seine Schönheit und Bedeutung verstärken, und was kann es magisch machen?
MC: Hast du Menschen, die dich bei deinen wichtigen Prozessen begleiten?
E: Ich habe das Glück, unglaubliche Mentoren an meiner Seite zu haben, die mir so viel beigebracht haben. Außerdem bin ich immer auf der Suche nach Wegen, meine Ausbildung nie enden zu lassen. Kürzlich habe ich einen Glasbläserkurs an der Pilchuck Glass School von Dale Chihuly in Washington besucht. Außerdem habe ich Kurse im 3-D-Druck und in der Bildhauerei mit Ton belegt, um großformatige Skulpturen zu bauen. Eines der aufregendsten Projekte, an denen ich gearbeitet habe, ist das Neon-Biegestudio, das ich neben meinem Haus errichtet habe. Meine Freundin Meryl Pataky, die meine erste Neon-Lehrerin war, wohnt jetzt in der Nähe, und zusammen mit Bill Concannon sind sie meine neuen Neon-Kunst-Gurus geworden.
MC: Bist du schon mal auf einem Kreuzfahrtschiff gefahren?
E: Noch nicht! Allerdings hatte ich gerade erst einen Rundgang auf dem Schwesterschiff der Norwegian Luna, der Norwegian Aqua. Es war erstaunlich, den Bauprozess aus der Nähe mitzuerleben. Ich freue mich sehr, dass ich 2026 auf der Jungfernfahrt der Norwegian Luna dabei sein werde!
MC: Gerade ist nach 20 Jahren wieder eine Print-Ausgabe der Marie Claire auf den Markt gekommen. Kennst du selbst Marie Claire?
E: Als ich jünger war, habe ich viele Zeitschriften gelesen, und Marie Claire war eine davon. Jetzt bin ich begeistert, zu einem kleinen Teil daran teilzuhaben, wenn sie nach 20 Jahren wieder gedruckt wird. Ich freue mich sehr darauf, ein Exemplar in den Händen zu halten. Druckerzeugnisse haben etwas so Schönes an sich – die Farben, die Fashion, die Beauty. In der heutigen schnelllebigen digitalen Welt mit Plattformen wie TikTok ist es so wertvoll, etwas Greifbares wie eine Zeitschrift oder ein Buch in Händen zu halten. Es ermöglicht uns, langsamer zu werden, uns zu konzentrieren und eine Pause von unseren Bildschirmen zu machen. Für mich ist das wie ein Mini-Urlaub von meinem Telefon!
MC: Ich habe gehört, du sprichst auch etwas Deutsch?
E: Ja, ich spreche tatsächlich ein bisschen Deutsch – mein Vater kommt aus Meschede. Meine Oma sprach eine Mischung aus Deutsch und Englisch, so dass ich einige lustige Redewendungen aufgeschnappt habe. Mein Großvater war sogar der Bürgermeister von Meschede. Ich habe so viele schöne Erinnerungen an meine Oma, vor allem an den Nikolaustag, wenn sie meine Stiefel mit Mandarinen füllte, und an ihre wunderbaren Marzipanplätzchen. Sie hat viel gebacken – an Geburtstagen gab es oft zehn Kuchen und Torten! Ihr Kartoffelsalat war mein Lieblingsessen.
Ich habe auch ziemlich viel Zeit in Berlin verbracht. Die Graffiti-Szene dort ist unglaublich innovativ, mit Künstlern wie Berlin Kids, Paradox und Orten wie dem Urban Nation Museum. Mein großartiger Freund Yasha Young, eine treibende Kraft in der Berliner Kunstwelt, hat mich dort in einige großartige Projekte einbezogen.
MC: Hast du auch aus anderen Ländern Ideen mitgebracht?
E: Ja, auf jeden Fall. Ich bin in viele Länder gereist, um dort zu malen, und es ist mir sehr wichtig, die Menschen, die Flora und die Fauna jedes Ortes, an dem ich arbeite, mit einzubeziehen. Ich bemühe mich immer, die Kultur und die Umwelt der Region zu würdigen, anstatt aufdringlich und störend aufzutreten. Mein Ziel ist es, Kunst zu schaffen, die sich mit der Gemeinschaft verbunden fühlt und die einzigartigen Aspekte des Ortes hervorhebt.
MC: Du magst Tiere, welches am meisten?
E: Ich würde definitiv sagen, dass Leoparden meine Lieblingstiere sind; sie sind mein Spirit Animal. Meine ältere Schwester lebte in Tansania, und ich hatte das Glück, dort auf Safari zu gehen. Es war geradezu surreal, solche unglaublichen Tiere in ihrer natürlichen Umgebung zu sehen – ein unvergessliches Erlebnis!
MC: Was ist dir wichtig?
E: Was mir wichtig ist, ist lebenslanges Lernen, Wachstum und die Erweiterung meiner Grenzen. Ich bemühe mich, täglich zu meditieren, denn das hilft mir, mich zu konzentrieren. Mein Ziel ist es auch, ein guter Mensch zu sein, obwohl ich zugebe, dass mir die Geduld manchmal fehlt. Nichtsdestotrotz gebe ich mein Bestes, sie in meinem Leben zu kultivieren.
MC: Hast du außer der Kunst noch andere Passionen?
E: Die meisten meiner Leidenschaften liegen im Bereich der Kunst, einschließlich der Gestaltung meiner Räumlichkeiten und meines Hauses. Aber ich liebe auch das Wandern und das Eintauchen in die Natur. Vor kurzem habe ich eine anspruchsvolle 25-Kilometer-Wanderung absolviert, die sowohl vergnüglich als auch anstrengend war! Letztendlich hat die Kunst mein Herz erobert; ich liebe es, Dinge zu erschaffen und zu verschönern. Im Moment konzentriere ich mich besonders auf großformatige Skulpturen und arbeite an Prototypen in Ton, Neon und Glas. Ich bin immer auf der Suche nach neuen kreativen Möglichkeiten, so dass mir nie langweilig wird!
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