Es gibt einen neuen Rundgang durch die Galerien des Louvre, der Objekte und Darstellungen von Schönheit durch die Epochen und Kulturen der Menschheit aufzeigt.
Am 13. November eröffnete „de toutes beautés!“ zu deutsch „von allen Schönheiten“, ein Kunst- und Entdeckungsprogramm vom Museum Louvre in Zusammenarbeit mit der französischen Unternehmensgruppe L’Oréal. Dabei handelt es sich nicht um eine gesonderte Ausstellung auf einer extra Fläche, sondern um einen Rundgang durch die verschiedenen Ebenen und Räumlichkeiten des geschichtsträchtigen großen Gebäudes des Louvre, in denen sich die Bilder und Skulpturen des Museums befinden. Ähnlich einer „Schnitzeljagd“ folgt man dem Sonder-Rundgangplan und stoppt an Ausstellungsstücken, die mit „de toutes beautés!“ gekennzeichnet sind – insgesamt 108 Exponate. Allein das Suchen und Finden der ausgewählten Stücke macht wach und neugierig. Was sie alle eint? Die Gemälde und Skulpturen beschäftigen sich mit der Schönheit im Laufe der Jahrhunderte. Was galt als schön in unterschiedlichen Epochen? Was wurde bildlich oder handwerklich festgehalten? Welche Schönheitsrituale, -praktiken und -gesten gab es?
PRINCESSE DE LA MAISON D’ESTE,1425-1450, von Pisanello, Foto: Le Vourch
Ich durfte mich für Marie Claire vor Ort umsehen und war angetan, sowohl von der Zusammenstellung der unterschiedlichen Objekte – von Skulpturen ägyptischer oder griechischer Altertümer bis hin zu Werken aus Europa vor und bis 1900 nach Christus, als auch von der Form der Präsentation. Mittels QR-Codes neben den Ausstellungsstücken, wird den Besucher:innen über ihr Smartphone das jeweilige Kunstwerk erläutert – und zwar aus der Ich-Perspektive. Das heißt, die Frau im Bild erzählt beispielsweise: „Ich bin die Prinzessin des Hauses d’este und wurde um 1425-1450 von italienischen Künstler Pisanello mit Öl auf Holz gemalt.“
Sie erzählt weiter, dass Portraits zu dieser Zeit noch unüblich waren und nur seitliche Profile statt frontaler Porträts gezeichnet wurden. Der Zuhörende erfährt einiges über die geschichtliche Einordnung und Bedeutung des Werkes zu seiner Zeit und heute. Auch wird auf Einzelheiten im Bild hingewiesen, die dann näher erläutert werden. Das können Farben, Motive, Perspektiven oder auch Techniken sein.
Wer glaubt eine solche Ansprache sei nur für Kinder, der täuscht sich – es ist amüsant und man läuft mit Leichtigkeit von einem Exponat zum nächsten.
Für viel Gesprächsstoff sorgt die liegende Marmor-Skulptur der schlafenden Hermaphrodite, entstanden 100 -150 n. Ch. in Rom, Italien. Beim ersten Hinsehen meint man eine Frau vor sich zu sehen und erst beim Gang um die Skulptur entdeckt man den Penis und die aufkommende Genderfrage sowie die Komplexität von Schönheit.
HERMAPHRODITE ENDORMI,100-150,anonym, Italien, Fotos: Le Vourch
Beruhigend zu sehen ist, dass Schönheit im Laufe der Kunstgeschichte nicht immer mit jung assoziiert wird, wie die Skulptur aus Marmor von Pigalle von 1776 in Frankreich zeigt. Er modellierte den Dichter Voltaire nackt mit schmalem alterndem Körper und Falten im Gesicht.
VOLTAIRE NU,1776, Pigalle, Frankreich. Foto: Le Vourch
Dieser neuartige Rundgang lädt die Besucher:innen dazu ein, die Sammlungen des Louvre auf eine andere Art und Weise zu betrachten. Gemeinsam haben das Museum Louvre und L’Oréal ein Programm entworfen, das die große Vielfalt der Schönheit über Epochen und Kulturen hervorhebt.
Warum das Museum und der Kosmetikkonzern das Programm geschaffen haben und welche Idee sie zusammengeführt hat, haben ich im Gespräch mit der Kommunikationschefin von L’Oréal, Blanca Juti (Chief Communications & Public Affairs Officer im Executive Committee von L’Oréal) erfahren:
Blanca Juti of L’Oréal Groupe. Photo: Courtesy of L’Oréal Groupe. Photo illustration: Axios Visuals.
Marie Claire: Mit der Ausstellung „De toutes beautés“ zelebriert der Louvre gemeinsam mit L‘Oréal die Vielfalt der Schönheit über Kulturen und Zeiten hinweg. Was ist für Sie persönlich in der heutigen Zeit die Definition von Schönheit?
Blanca Juti: Ich bin ursprünglich Anthropologin und als ich vor vier Jahren zu L’Oréal kam, stellte ich mit großem Erstaunen fest, dass viele Menschen die wahre Bedeutung von Schönheit überhaupt nicht verstehen und denken, Schönheit sei oberflächlich. Doch ich bin der Meinung, sie wird dann schlichtweg nicht grundlegend genug betrachtet.
Dabei beginnen und beenden wir unseren Tag mit Schönheitsritualen und legen bei jedem wichtigen Moment unseres Lebens – ob Geburtstag, Abschlussfeier oder Hochzeit – Wert auf unser äußeres Erscheinungsbild. Schönheit ist etwas, was uns jeden Tag begleitet, ob bewusst oder unbewusst. Sie ist eine Sprache, mit der wir zu anderen sprechen, die Art und Weise, wie wir uns selbst präsentieren. Sie ist nicht nur ein individueller Ausdruck, sondern zeigt auch, ob und zu welcher Gemeinschaft wir gehören. Schönheit ist tief kulturell verwurzelt. Sie hat in allen Zeiten und Epochen der Geschichte existiert. Schönheit ist ein Teil unserer Menschlichkeit.
MC: Was ist die Bedeutung von Schönheit in der Gesellschaft? Was bedeutet Schönheit für Sie persönlich?
BJ: Schönheit hat viel mit Selbstausdruck und Zugehörigkeit zu tun. Aber es geht auch um Wohlbefinden. Für mich bedeutet Schönheit Harmonie mit sich selbst. Ich denke, die schönsten Menschen sind die, die auch innerlich schön sind. Diejenigen, die Freude oder Glück ausstrahlen. Für mich ist Schönheit etwas, das wir sowohl innerlich als auch äußerlich pflegen – beides ist miteinander verbunden. So kann Schönheit auch mit Gesundheit und Wohlbefinden verknüpft sein.
MC: Also ist Schönheit nicht nur Dekoration, sondern wirklich ein Lebensstil?
BJ: Schönheit ist Teil unserer Menschlichkeit und sie ist nicht nur in guten Zeiten wichtig, wie bei einer Geburtstagsfeier oder ähnlichem, sondern auch, wenn wir krank waren. Schönheit ist ein Instrument, um Selbstvertrauen zurückzugewinnen, beispielsweise für Menschen, die von der Gesellschaft distanziert sind. Viele denken bei Schönheit an Make-up, aber es geht auch um Hautpflege und Düfte, die so wichtig sind. Schon die alten Ägypter betrachteten Düfte als essenziell für die Gesundheit.
MC: Neu ist, dass L‘Oréal nicht nur als finanzieller Sponsor Auftritt, wie man es ansonsten bei klassischem Kultur-Sponsorship kennt, sondern sich als aktiver Partner einbringt u.a. durch eine innovative Audio-Web-App, eine Webserie und Vorträge. Was hat sie dazu bewogen eine solche umfassende Partnerschaft der Mitgestaltung einzugehen?
BJ: Seit einigen Jahren arbeiten wir mit Anthropologen, Historikern, Künstlern und Wissenschaftlern zusammen und haben uns Hunderte von Ausstellungen, Daten und Studien angesehen.
Wir haben versucht zu verstehen, was Schönheit eigentlich ist und dabei festgestellt, dass sie von Anfang an bis in die Gegenwart ein Teil der Menschheit und des Lebens jedes Einzelnen ist. Wir erkennen, dass sie eine enorme Rolle in der heutigen Welt spielt, wenn wir eine inklusivere Gesellschaft schaffen wollen. L’Oréal gehört zu den größten Werbetreibenden der Welt. Wenn wir es als Unternehmen schaffen, ein inklusiveres Gesellschaftsbild voranzutreiben, das alle Arten von Schönheit feiert, können wir auch einen positiven Einfluss auf die Welt ausüben. Das ist ein guter Grund, um sich tiefergehend mit der Bedeutung von Schönheit zu beschäftigen.
In diesem Zusammenhang habe ich vor drei Jahren gemeinsam mit Delphine Urbach, Direktorin für Kunst und Kulturerbe bei L’Oréal, an einem wunderbaren Mittagessenzwischen der Leiterin des Louvre, Laurence des Cars, einer großartigen Historikerin, und unserem L’Oréal CEO Nicolas Hieronimus teilgenommen Beide waren damals neu auf ihren Positionen. Der Louvre bat uns um Unterstützung bei konkreten Projekten, doch dann verliefen die Gespräche beim Essen so gut, dass wir alle anfingen zu überlegen: Was kann das Museum, das eine der größten Kunstsammlungen der Menschheit besitzt und 10 Millionen Besucher pro Jahr empfängt, gemeinsam mit dem größten Kosmetikunternehmen der Welt schaffen? Wie können wir unser Know-how zusammenbringen? So entstand die Idee einer Ausstellung in Form eines Parcours rund um das Thema Schönheit. Gemeinsam wählten die Kunsthistorikerin Delphine Urbach und das Museumsteam insgesamt 108 Werke für dieses besondere Projekt aus. Darüber hinaus wurde ein QR-Code erstellt, unter dem die Geschichten hinter jedem Stück aus der Ich-Perspektive erzählt werden. Zusätzlich haben wir noch eine Webserie erstellt, die Anfang 2025 gelauncht wird.
MC: Wie wichtig ist Ihnen, dass Endverbraucher nicht nur die L‘Oréal -Marken kennen, sondern sich auch ein Bild vom Unternehmen L‘Oréal machen?
BJ: Wir präsentieren uns als L’Oréal-Gruppe, es gibt dabei keine kommerziellen Interessen. Diese Ausstellung ist nicht produktbezogen; es geht ausschließlich um die Unternehmens-Gruppe. Für uns ist es wichtig, die Essenz von Schönheit als Ganzes abzubilden und unsere Unterstützung für die Kunst als Unternehmenzu zeigen.
MC: Es ist nicht direkt kommerziell, doch ich bin mir sicher, dass L’Oréal bestimmte Unternehmenswerte hat, die Sie kommunizieren möchten.
BJ: Wir bei L‘Oréal verfolgen das Ziel „to create the beauty that moves the world”. Das bedeutet, eine Schönheit zu schaffen, die verantwortungsbewusst, großzügig, inklusiv und nachhaltig ist. Wir möchten die Bedeutung von Schönheit in unserem Leben aufzeigen. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit unserem neuen Projekt dieses Ziel erreichen werden.
MC: Wie würden Sie einem siebenjährigen Kind erklären, was Schönheit ist? Und warum ist sie wichtig?
BJ: Ich würde damit beginnen, ihm seine eigene Schönheit aufzuzeigen und es ermutigen, zu verstehen, wie wunderbar es ist, dass wir diesen menschlichen Körper besitzen, der uns so viele Dinge ermöglicht und erlaubt, uns mit anderen zu verbinden. Ich würde ihm verständlich machen, dass jeder Mensch Schönheit in sich trägt und ihm sagen: „Lass Dir von niemandem etwas anderes einreden.“
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