Heute: Melanie Lynam-Smith
Head of e-Service Deutsche Telekom | Chairperson Working Moms e. V.
Learning 1 Wer lernen will, muss Fehler machen! Wenn man den Mut hat, Dinge auszuprobieren, kann man an sich wachsen!
Learning 2 Auch als Mutter darf man ambitionierte Pläne haben! Wir müssen weg von dem Gedanken, dass man als Mutter zuhause bleiben muss!
Learning 3 Sich Hilfe zu holen, ist völlig in Ordnung! Es ist doch besser, mit Unterstützung erfolgreich zu sein, als ohne zu scheitern!
Jule Gölsdorf: Sie sagen über sich, dass Sie es lieben, Erfahrungen zu sammeln, Neues zu lernen und Probleme zu lösen. Viele haben genau davor Angst. Was sagen Sie denen?
Melanie Lynam-Smith: Mich reizt das einfach, das hat viel mit der Einstellung zu tun und auch mit der Fehlerkultur. Wer lernen will, muss Fehler machen! Ich kann verstehen, wenn Menschen davor Angst haben, man muss nur den Mut haben, die Dinge trotzdem auszuprobieren und an sich selbst zu wachsen.
JG: Unsere Zeit ist gerade von Kriegen und Krisen geprägt, von Unsicherheiten, vielleicht wünschen sich die Menschen aber dann wenigstens im Beruf nicht so viel Aufregung zu haben?
ML-S: Wenn ich mir das aktuelle gesellschaftliche Umfeld anschaue, denke ich immer zurück und frage mich: Wie war das wohl damals im Krieg? Mir hilft das, um Dinge ins rechte Licht zu rücken. Trotz aller Unsicherheit leben wir in einem funktionierenden Staat, wir haben ein gewisses Maß an Sicherheit, finanzielle Absicherung, das gibt es in anderen Ländern nicht! Da können wir uns in Deutschland glücklich schätzen. Wir sollten uns mehr auf die positiven Aspekte fokussieren. Ich will die Besorgnis der Menschen nicht wegreden, aber ich frage mich, wie haben die Leute das früher gemacht? Die Männer waren im Krieg, die Frauen mussten alles stemmen und haben das auch irgendwie geschafft. Die Kraft war einfach da!
JG: Wenn man weiter lernen will, bleibt man nie stehen, ist nie fertig. Das ist auf der einen Seite gut, auf der anderen hält es einen vielleicht in einem Hamsterrad. Wie gut kennen Sie das?
ML-S: Es kommt darauf an, wie man „fertig sein“ definiert. Für mich gibt es im lebenslangen Lernen immer Etappen, die man zwischendurch erreicht. Und jede Etappe auf dem Weg ist es natürlich wert, sie zu zelebrieren, innezuhalten und sich über den Erfolg zu freuen. Und dann kann man sich fragen: Wo will ich als nächstes hin? Man ist ja der Master des eigenen Lebens und dann ist die Motivation auch eine andere. Es gibt dieses Zitat: Nichts ist so beständig wie der Wandel. Das haben schon die alten Griechen den Menschen mitgegeben und es trifft heute mehr denn je zu. Wenn man sich auf die Zukunft vorbereiten und sie nachhaltig mitgestalten möchte, dann ist es notwendig, sich weiterzuentwickeln und mit der Zeit zu gehen.
JG: Wandel betrifft Sie beruflich, auch die Telekommunikation hat sich verändert und weiterentwickelt. Wie bleiben Sie am Puls der Zeit?
ML-S: Als Telekommunikationsunternehmen haben wir eine große Verantwortung, weil es darum geht, wie Menschen Informationen erhalten und wie sie sich austauschen. Der Schlüssel liegt im kritischen Denken und in der Förderung der Medienkompetenz. Wir müssen den Menschen nahe bringen, Informationen kritisch zu hinterfragen und Falschinformationen zu erkennen.
JG: Kommunikation ist generell wichtig. Wenn man in einem Telekommunikationsunternehmen arbeitet, läuft die Kommunikation innerhalb des Unternehmens besonders gut?
ML-S: Insbesondere die Management-Ebene ist näher an die Mitarbeiter herangerückt. Über Eventformate wie z.B. Townhalls via Livestream oder vor Ort. Ich finde dieses Angebot sehr gut, weil die Mitarbeiter die Möglichkeit haben, mehr über die strategische Ausrichtung des Unternehmens zu erfahren. Es stellt auch Nähe zur obersten Chef-Riege her und bricht mit den alten Hierarchien. Darüber hinaus gibt es ein internes soziales Netzwerk, dort kann man Gruppen erstellen oder auf einzelne Kollegen zugehen. Das trägt zur internen Kommunikation bei und hat die Kultur der Telekom maßgeblich verbessert.
JG: Glauben Sie, Frauen kommunizieren anders als Männer?
ML-S: Ja, da gibt es verschiedene Aspekte. Frauen geben sich unterschiedlichen Erwartungen und Geschlechterrollen hin, es gibt ja nach wie vor die traditionellen Rollenbilder. Das macht auch lokal noch mal einen Unterschied. Ich komme ursprünglich aus Berlin. Als ich ins Rheinland gezogen bin, habe ich festgestellt, dass es dort etwas traditioneller läuft. Viele Frauen fanden es normal, nur in Teilzeit zu arbeiten, in Berlin war das eher eine Seltenheit. Nach wie vor haben wir wenig Frauen in Führungspositionen, uns fehlen also Vorbilder. Diese Dinge führen dazu, dass Frauen sich noch mehr trauen müssen. Meistens denken Frauen immer noch, dass die eigene Qualifikation nicht reicht.
JG: Erinnern Sie sich an Situationen in Ihrer Karriere, wo Sie genau das gedacht haben?
ML-S: Natürlich hatte ich auch diese Phasen, wobei ich zwischendurch im Ausland war und da wurde ich nochmal anders geprägt. Ich habe nach dem Abi immer etwas probiert, was unmöglich schien. Angefangen vom ersten Studium, das ich nur auf den letzten Drücker bekommen habe, dann das Auslandsstudium – ich bin schon immer jemand gewesen, der Mut zur Lücke hatte. Als wir aus Australien zurückgekommen sind, habe ich häufig alle Punkte der Jobbeschreibung erfüllt und wurde trotzdem nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Ich war damals junge Mutter, das hat man wohl zwischen den Zeilen gelesen. Und das machte die Jobsuche nach fast 10 Jahren Ausland schwer, obwohl ich über Auslands- und Industrieerfahrung verfügte. Im Nachhinein habe ich mich gefragt, ob die Familienplanung der Grund dafür war. Am Ende ist es die Telekom geworden – für einen Job, den ich genauso in Australien schon gemacht hatte.
JG: Sie engagieren sich für Working Moms e. V. Was steckt dahinter?
ML-S: Bei uns geht es darum, dass man auch als Mutter ambitionierte Pläne haben darf! Wir wollen weg von dem Gedanken, dass man als Mutter zuhause bleiben muss. Das versuchen wir auf drei Ebenen zu erreichen: Zum einen durch das Netzwerken und die gegenseitige Unterstützung. Dann agieren wir natürlich als Vorbilder im eigenen Umfeld, im Betrieb oder der Firma. Und wir versuchen, über unsere politische Arbeitsgruppe auf die Gestaltung von Gesetzen Einfluss zu nehmen. Wir arbeiten sehr eng in beratender Funktion mit der Politik zusammen.
JG: Was sind die Themen, die die meisten Working Moms beschäftigen?
ML-S: Die gläserne Decke ist nach wie vor ein großes Thema, dass viele an einen Punkt kommen, bis zu dem alles gut lief, es dann aber nicht mehr weiter geht. Dazu tauschen wir uns intern aus und geben uns gegenseitig Tipps – auch zu möglichen Ansprechpartnern, Vorbildern, Mentoren, die einem zur Seite stehen können.
JG: Was würden Sie Frauen mitgeben, die beides wollen – also Kind und Karriere?
ML-S: Es ist ratsam, sich ein Support-Netzwerk aufzubauen, sowohl aus der Familie als auch aus dem Bekanntenkreis. Man sollte vorher checken, welche Möglichkeiten man hat: Großeltern, Tagesmutter, Kita, Babysitter, aber auch beim Thema Hausarbeit. Es ist ein Monsterjob, Kinder zu erziehen und gleichzeitig eine erfolgreiche Karriere zu stemmen. Da muss man aufpassen, nicht ins Burn-Out zu rennen! Während er Elternzeit sollte man im Kontakt mit dem Arbeitgeber, den Kunden und anderen Stakeholdern bleiben und nicht völlig rausgehen, sondern interessiert bleiben. Man darf sich nicht in die Rolle der Frau am Herd drängen lassen! Und bei allem Mutterdasein darf man sich selbst nicht vergessen! Eine unglückliche Mutter kann keine Kinder glücklich machen! Wenn man sich zu sehr auf die Kinder konzentriert, bleibt die Partnerschaft auf der Strecke. Auch das sollte man im Fokus behalten.
JG: Unsere Schlussfrage: Was war in deinem Leben ein Geschenk, eine Strafe, ein Test?
ML-S: Strafe: Als ich als 6-jähriges Mädchen nicht im Fußballverein angenommen wurde. Ich war die Stärkste und Schnellste in der Klasse, aber der Trainer wollte nur Jungs, seine Haltung: Mädchen dürfen kein Fußball spielen! Ein Test war eine Situation vor einigen Jahren, als ich bei einem Projekt nicht an die Daten kam, die ich brauchte, um das Projekt erfolgreich abzuschließen. Daher war ich am Ende extrem ausgebrannt. In dieser Phase hat mich ein damaliger Freund, heute Ehemann, dazu gebracht, proaktiv um Hilfe zu bitten. Mir kam das damals gar nicht in den Sinn! Das war eine wichtige Lektion. Ich habe gelernt, dass es völlig in Ordnung ist, Hilfe anzunehmen. Mein größtes Geschenk sind meine zwei Kinder!
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