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Jule Gölsdorf im Gespräch mit Frauen in Business und Politik über ihren persönlichen Weg weit nach oben #07 Regine Büttner und Miriam von Loewenfeld

Regine Büttner und Miriam von Loewenfeld, Co-Founder WOMAN360
Regine Büttner und Miriam von Loewenfeld, Co-Founder WOMAN360
Heute: Regine Büttner Co-Founder WOMAN360 | Consulting | Key Note Speaker | Supervisory Board Member und Miriam von Loewenfeld Co-Founderin WOMAN360 | Autorin | Speakerin | Beirätin | Hochschul-Dozentin

Learning 1: Wenn man als Frau auf eine eigene Karriere zugunsten der Familie verzichtet, sollte man unbedingt sicherstellen, dass man finanziell abgesichert ist, um zum Beispiel Altersarmut vorzubeugen.

Learning 2: Frauen müssen nicht auf allen Ebenen perfekt sein. Männer sind es auch nicht. Habt den Mut, unperfekt zu sein und steht gleichzeitig für eure Bedürfnisse ein.

Learning 3: Es reicht heute nicht mehr, nur bei einem Unternehmen angestellt zu sein. Verkauf dich besser und mach Dich selbst zur Marke. 

Jule Gölsdorf: Zwei Frauen, zwei Generationen – was haben Sie voneinander gelernt?

Regine Büttner: Ich wollte meiner Tochter die Freiheit lassen, den Beruf zu wählen, den sie möchte. Mir ist ganz wichtig, ihr zuzuhören und an ihrer Entwicklung teilzuhaben. Ich war globale HR-Chefin bei DHL Express International, also in einem ganz anderen Segment tätig als sie, da war der Austausch natürlich besonders spannend. Ich bin sehr direkt, was Feedback angeht, sie ist da smarter und macht sich ihr Leben leichter – daher holt sie mich auch wieder runter, wenn ich zu emotional reagiere.
Miriam von Loewenfeld: Als ich noch ein Kind war, war sie eine der wenigen arbeitenden Mütter, daher war sie oft nicht zuhause. Ich wurde dadurch aber sehr schnell sehr selbstständig und habe sie als role model dafür gesehen, als Frau unabhängig zu sein und sich für eine Karriere auch reinzuhängen Ich habe in großen Konzernen gearbeitet und war lange bei L’Oréal und Louis Vuitton Moet Hennessy.  Während einer Kariere hatte hatte ich nicht nur aufgrund der sozialen Bindung Sparringspartner, sondern auch für berufliche Fragen einen Coach, dem ich vertrauen konnte. In einer Mutter-Tochter-Beziehung ist es anders, man geht offener miteinander um. Von der Persönlichkeit her sind wir sehr unterschiedlich. Sie geht immer direkt den Konflikt, ich versuche mehr der Mediator zu sein. 

JG: Jetzt haben Sie ein Buch zusammen geschrieben, „Perfektion ist Quatsch“, das werden Frauen gerne hören, weil sie immer versuchen, als Mutter, Partnerin und im Job perfekt zu sein. Können wir uns entspannen?

RB: Ich möchte Frauen Mut machen, nicht perfekt sein zu wollen, denn der gesellschaftliche Druck und auch der Druck durch soziale Medien erhöhen den Perfektionismus-Anspruch sowieso schon. Deshalb empfehle ich, auch mal nein zur Perfektion zu sagen! Das Bett muss nicht immer perfekt sein, außerdem kann man das auch Haushaltsarbeit outsourcen.
MvL: Ich habe lange in Dubai gelebt und dort meine Karriere aufgebaut. Sephora bot mir den Traumjob meines Lebens an- Geschäftsführerin von Sephora Deutschland. Als ich nach Deutschland zurückgekommen bin, waren meine Kinder 1 und 2 Jahre alt, also sehr jung, und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf war wirklich schwer- keine Kindertagesstätten und auch  die privat organisierte Betreuung gestaltete sich schwierig. Heute denke ich oft ob wir Frauen zu sehr „helikoptergemuttert“ wurden, der Anspruch, den die Gesellschaft an die Frau hat und auch der Druck, den sich die Frauen selbst machen, ist sehr hoch! Die Mütter versuchen alles für die Kinder zu organisieren, trotzdem wollen viele mindestens Teilzeit arbeiten und versuchen immer perfekt zu sein und das auf social media auch zu zeigen. Dabei gibt es doch auch Raum, auch mal fünfe gerade sein zu lassen.

JG: Ist das in Dubai anders?

MvL: Die sozialen Medien sind dort natürlich auch riesig, aber der Anspruch, wieviel Zeit man mit den Kindern verbringen muss, ist nicht so hoch. Es gibt ein besseres Support-System, viele Arbeitsleistungen werden outgesourced,es gibt Unterstützungssysteme und die nehmen auch viele an.
RB: In  anderen asiatischen Ländern ist es ähnlich, da gibt es überall erschwingliche Nanny-Konzepte, dabei geht es nicht nur um Betreuung, sondern auch andere Aufgaben, die man auslagern kann. Das macht das Leben als Frau einfacher.

JG: Der Druck auf Frauen ist extrem hoch, bei Männern fragt keiner, warum er nicht bei den Kindern ist?

MvL: Ja, das Rollenbild des Mannes könnte in Deutschland auch moderner werden. Ja es gibt schon moderne Männer, die in Elternzeit gehen, gerade in der jüngeren Generation. Da ist ein positiver Trend erkennbar, aber da geht noch mehr!
RB: Dem Mann wird es auch oft nicht leicht gemacht, das muss man zur Ehrenrettung sagen. Der Mann einer Arbeitskollegin zum Beispiel hat sich entschieden, die ersten vier Jahre für die Erziehung zuständig zu sein, während sie gearbeitet hat und die Akzeptanz bei den Frauen, dass er dann der einzige Mann war, der ein Kind betreut, war nicht besonders hoch. Und auch von anderen Männern hat er die Akzeptanz nicht bekommen. In Skandinavien ist man da weiter.
MvL: Schweden hat sich ja schon in den 60er und 70er Jahren, als es bei noch die „Helden-Mütter“ gab, ein ganz modernes Frauen- und Männerbild zugelegt. Die Infrastruktur wurde ausgebaut, Kita-Plätze ermöglicht, es wurden steuerliche Anreize geschaffen, so dass die Männer auch Elternzeit nehmen mussten. Hier ist es doch in den mittelständischen Unternehmen immer noch so, dass der Mann, wenn er in Elternzeit gehen will, eher unpassende Kommentare bekommt.

JG: Es braucht vielleicht mehr miteinander, bei all den feministischen Veranstaltungen, die ja auch wichtig sind, wäre nicht eine generelle Annäherung zwischen Mann und Frau wichtig?

RB: Total! Wir machen  gerade eine Roadshow mit unserem Buch und laden auch viele Männer ein und dann schreiben die zurück: Ich habe das an meine Gleichstellungsbeauftragte, meine Kollegin im Vorstand oder an den Personalbereich abgegeben. Ich habe mir dann den Spaß gemacht, zurückzuschreiben, dass das nicht nur ein Frauen-, sondern ein gesellschaftliches Thema ist, für das beide Geschlechter verantwortlich sind.
MvL: Ich leite an einer Hochschule ein Female-Leadership-Programm, da ist es auch schwierig, Männer dafür zu motivieren. Es gab mal einen Quoten-Mann! Die großen Eliteunis hingegen, die bieten Programme als Sparring-Programme an. Da kommen Mentoren oder direkte Vorgesetzte mit, das wäre auch hier der nächste Entwicklungsschritt.

JG: In Ihrem Buch gibt es viele Ratschläge für Frauen, die versuchen, Kind und Karriere unter einen Hut zu bekommen. Es gibt aber auch Frauen, die wollen einfach Mutter sein. Was sagen Sie denen?

RB: Das ist die eigene Entscheidung, das habe ich als HR-Chefin vielen hochqualifizierten Frauen gesagt, wenn sie aussteigen oder eine Pause machen wollten. Ich habe aber auch gefragt: Hast du dir das gut überlegt, was sind deine Ziele? Und wenn du dich für die Familie entscheidest, was trägt dein Mann aus dem Familieneinkommen dazu bei, dass du abgesichert bist? Zum Beispiel für den Fall einer Scheidung oder im Alter, wo Altersarmut drohen kann. Und das sollte man durchsetzen, solange die Schmetterlinge noch flattern!

JG: Regine, Sie waren board member in einem internationalen Logistik-Konzern und haben Ihre direkte Art schon angesprochen, hat das auch geschadet?

RB: Ja, es gab einige ups & downs, aber man muss für sich selbst eine Linie finden. Für mich war Geradlinigkeit wichtig. Was ich jeder Frau raten würde: Die Frage ist nicht, was ich sage, sondern wie ich es sage. Ich habe gelernt, die Nachrichten so zu verpacken, dass sie für mein Gegenüber annehmbar werden. Das ist bei Führung und Feedback ganz wichtig. Aber ich habe mich nie zurückgenommen, wenn ich etwas wichtig fand. Und natürlich hat man Kollegen, die einem den Platz im Board streitig machen wollen. Aber als Frau gehört es auch dazu, das auszuhalten, Männer halten das auch aus! Und es braucht mehr Unterstützung für Frauen an der Spitze, weil wenn man zu dritt im Board wäre, ginge Manches einfacher. 

JG: Wie geht man mit den downs denn am besten um?

RB: Immer einmal mehr aufstehen, als man hingefallen ist! Wir können von den Männern lernen, mit Niederlagen besser umzugehen. Die erleben auch welche, da wird einmal drüber geschlafen und am nächsten Tag ist die Niederlage vergessen. Natürlich können Frauen darüber sprechen, wenn sie das Bedürfnis haben, aber irgendwann muss der Blick nach vorne gehen! Vielleicht auch mit professioneller Hilfe. Frauen neigen dazu, immer darauf zu gucken, was sie falsch gemacht haben. Männer schieben die Fehler eher auf die anderen. Frauen trauen sich auch zu wenig zu, bewerben sich nur, wenn sie 120 % der Voraussetzungen erfüllen, Männer bewerben sich auch mit 80%. Darüber hinaus ist müssen Frauen mehr in die Sichtbarkeit gehen!

JG: Sichtbarkeit ist ein gutes Stichwort – Sie raten Frauen auch, zur Marke zu werden. Verkaufen sich Frauen zu schlecht?

RB: Ja! Ich habe das selbst lernen müssen! Das ist ein Prozess, es ist wichtig, sich im Unternehmen und außerhalb zu zeigen.
MvL: Da gibt es ja viele hacks, man kann sich für Konferenzen bewerben, sich in Meetings zeigen, soziale Medien nutzen. Ich habe für meine Firmen so viele Instagram-Kanäle aufgebaut, dabei aber nie an mich selbst gedacht. Es ist ja nicht nur wichtig bei einem Unternehmen angestellt zu sein, sondern eine Personenmarke aufzubauen. Das wird in der Zukunft wichtiger denn je. Wenn man nicht weiß, was die eigenen Stärken sind, können Coaches helfen, die externe Analysen vornehmen. Deshalb haben wir uns auch dazu entschieden, unser eigenes Coaching-Unternehmen Woman360 zu gründen. 

JG: Dazu gehört wahrscheinlich auch, die Karriere selbst in die Hand zu nehmen. Frauen warten oft darauf, dass sie gefragt werden …

RB: Frauen sind anders sozialisiert, das hängt auch mit den Glaubenssätzen zusammen. Viele Frauen haben die Frage, wie sie ihr Privatleben mit dem Beruf vereinbaren können, schon früh im Kopf – und damit auch die Angst davor, dass das schwierig werden könnte. Und dann sagen sie: Da verharre ich lieber in dem Job, in dem ich bin. Da antworte ich: Nimm deine Karriere in die Hand, sei dir darüber bewusst, was du erreichen möchtest. Denn wenn der Job toll ist, bin ich auch eher bereit, kreative Kompromisse einzugehen, um Beruf und Familie in Einklang zu bringen. 

JG: Unsere Schlussfrage: Was war in Ihrem Leben ein Geschenk, eine Strafe, ein Test?

RB: Ein Geschenk war mein Elternhaus. Meine Mutter war sehr inspirierend, ich habe fünf Geschwister und sie hat uns Mädchen beigebracht, unabhängig zu sein. Das hat uns geprägt. Eine Strafe gab es nicht, trotz einiger Schicksalsschläge, wie den frühen Verlust meines Vaters und meiner Schwester, aber ich bin einfach dankbar, solange ich meine Gesundheit habe. Aber ein Test war, mich beruflich auszuprobieren und dabei Fehler zu machen. Ich war jmal kurz davor, Board Member zu werden und im letzten Moment wurde das nichts, aber allein gesagt zu haben, ich mache das und  den Mut zu haben, das bis zum Schluss durchzustehen, war als Test etwas Positives, um zu lernen, damit umzugehen, wenn man mal nicht erfolgreich ist.
MvL: Meine Kinder waren ein Geschenk, die sind das größte Glück. Ich verstehe Frauen, die keine Kinder wollen, aber für mich ist es die schönste Erfahrung. Mein Test war der Umzug nach Deutschland, ich bin etwas naiv zurückgekommen, um dann festzustellen, dass es in meinem Heimatland viel schwieriger war, Karriere zu machen und diese mit der Familie zu vereinbaren. Bei mir gab es auch keine Strafe, das bringt einen auch zu sehr in eine Opferrolle. Solange wir in einem freien Land leben, gesund sind, kann man alles andere schaffen!

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