Joanna Katharina Lazar I Chief Marketing Officer bei PLANTED I bis Ende Juni 24 LEGO Vice President Head of Global Product & Marketing Development.
Learning 1: Ein Mentor, der die eigene Karriere über Jahre begleitet, ist ein großes Geschenk, weil man aus den Erfahrungen anderer lernen kann – den Fehlern und den richtigen Schritten
Learning 2: Persönlichkeit ist wichtiger, als das Geschlecht. Man sollte für die eigenen Überzeugungen und Karrierewünsche einstehen, nach Weiterentwicklung fragen, auch wenn Frauen manchmal vorgeworfen wird, das sei überambitioniert.
Learning 3: Keine Angst vor neuen Aufgaben, meistens sind die Grenzen nur im eigenen Kopf!
Jule Gölsdorf: Oft heißt es, Frauen in Führungspositionen müssten so sein wie Männer. Wie viel Weiblichkeit erlaubst du dir?
Joanna Lazar: Das hat sich über die Jahre gewandelt, aber ich habe es abgelehnt, Frau oder Mann zu sehen, ich habe den Menschen gesehen und nicht das Geschlecht. Ich wollte meine Weiblichkeit nicht in den Vordergrund stellen, habe mich nie super sexy angezogen, aber mich auch nicht in meiner Weiblichkeit versteckt. Mir ist Persönlichkeit wichtig und nicht das Dasein als Frau. Ich habe von anderen allerdings häufiger gehört: „Du bist zu viel, du bist zu emotional, du bist zu intensiv!“ Zu Beginn habe ich immer erstmal zugehört, mich angepasst, aber wenn ich kritische Fragen gestellt habe, nicht mehr nur nett war, auch mal kontrovers, dann kam das nicht mehr so gut an. Ich habe erst im Nachhinein verstanden, dass das auch mit den Geschlechterbild zusammenhängt. Nett, offen, positiv und gleichzeitig kritisch und intensiv – das ging nicht zusammen!
JG: Wie bist du damit umgegangen, hast du deine Art verändert?
JL: Ich habe dann ja in skandinavischen Unternehmen gearbeitet, Unilever und Lego zum Beispiel, dort funktioniert Leadership generell anders, eher demokratisch, Content-orientiert, sehr respektvoll. Es ging dort weniger darum, welches Geschlecht oder welche Hierarchie-Position man hat. Das ist in Dänemark und Schweden kulturell verankert. Das hat mich sehr geprägt, da habe ich Glück gehabt.
Seit dem 1. Juli 2024 ist Joanna Katharina Lazar Chief Marketing Officer bei PLANTED.
JG: Welche Vor- und Nachteile hat es, als Frau im Management zu sein?
JL: Ich wollte nicht wahrhaben, dass es Nachteile gibt, aber es gibt sie. Wenn man als einzige Frau in einem Leadership-Team sitzt, da habe ich mich gefragt: Macht das was mit mir, mit uns Frauen? Ich habe versucht, das individuell zu lösen, mit guten Verbindungen zu Menschen, ich habe immer sehr persönlich geführt. Ich wollte damit den Nachteil ausgleichen, nicht Teil eines Männer-Netzwerks, des Inner-Circle zu sein. Ich habe dann auch meine Karriere gemacht, wusste aber auch, dass ich mir zum Beispiel ein Kind vor dem Direktoren-Level nicht leisten wollte. Ich wusste, dass ich da aufpassen muss, aus der Angst heraus, ausgebremst zu werden. Ich habe mir das nicht erlaubt, auf keinen Fall vor Ende 30! Das würde ich heute anders machen. Heute versuche ich, Mitarbeiterinnen zu zeigen: Eine gute Karriere und ein Kind sollten einander nicht ausschliessen – und keines sollte der Kompromiss für das andere sein.
JG: Ein anderes Thema: Wenn Frauen sagen, was sie wollen, sie ehrgeizig nach vorne gehen, dann heißt es, sie wollen zu viel, während das gleiche Verhalten bei Männern als engagiert und vor allem positiv wahrgenommen wird. Erlebst du das heute noch?
JL: Ich habe häufiger gehört, ich sei überambitioniert. Dabei wollte ich nur lernen, gestalten, mich verändern. Und das hatte immer einen negativen Beigeschmack, als müsste ich mich dafür entschuldigen, dass ich ambitioniert bin. Und das habe ich manchmal sogar von Frauen gehört, das fand ich bitter. Mich haben Männer gefördert, weil sie Chefs waren. Ich hatte leider keinen Mentor, jemanden, der mal ein paar Jahre auf die eigene Karriere schaut, das hat mir gefehlt, vor allem eine Frau. Das versuche ich jetzt zurückzugeben. Ich biete das jüngeren Frauen (und auch Männern ) an, denn es ist sehr wertvoll, wenn man jemanden hat, der die eigene Entwicklung begleitet. Ich bin jetzt auch Mitglied in einem Frauen Netzwerk – Mission Female – und ich bin begeistert, wie unterstützend und wenig konkurrenzbewusst die Frauen sind. Denn das habe ich im Job auch anders erlebt, mein Eindruck: Je höher die Positionen der Frauen sind, desto mehr Konkurrenz gibt es. Ich habe das nie verstanden, ich dachte immer: Es gibt doch genügend Platz für alle!
JG: Würdest du jungen Frauen trotzdem empfehlen, zu sagen, was sie wollen? Oder ist die Devise eher Füße stillhalten?
JL: Nein, nie Füße stillhalten! Klar, alles hat seinen Preis, aber man sollte immer sagen, was man möchte, man sollte Fragen stellen und um Dinge bitten, die einen weiterbringen! Da komme ich wieder auf einen Mentor, das ist so wichtig – man kann aus Fehlern und den guten Schritten anderer lernen!
JG: Du hast gesagt, alles hat seinen Preis. Eine große Karriere bedeutet auch, auf andere Dinge zu verzichten – Kinder, Freunde, Hobbies – oder?
JL: Ich wollte einfach gut sein und das hat auch bedeutet, Stunden zu kloppen, damals dachten wir auch, das gehört dazu. Ich wollte eine internationale Karriere machen, ich hatte den Drang, die Welt kennenzulernen. Das, was man aufgibt, ist natürlich Planbarkeit, unmittelbare Nähe von Menschen – weil man einfach immer weiterzieht, man lässt Dinge oder Menschen zurück. Das heißt, man muss sich auf der einen Seite bemühen, den Kontakt zu halten und auf der anderen, sich neue Freunde zu suchen. Da gibt es natürlich Momente ohne Familie und Partner – da ist man nicht in der Komfortzone, man muss da raus, aber daran wächst man auch, aber klar fragt man sich auch manchmal: Warum tue ich mir das an? Es braucht Partner und eine Familie, die das tragen.
JG: Die neue Generation scheint weniger bereit, so viel zu arbeiten – kannst du das nachvollziehen? Ist das ein neues Arbeitsmodell?
JL: Ich mag die neue Selbstbestimmtheit, ich wünschte, ich hätte das früher gehabt. Die neue Generation ist selbstbewusster, das unterstütze ich. Ich hatte das Gefühl, ich müsste erstmal geben, um etwas zu bekommen. Auch die Möglichkeit, hybrid zu arbeiten, ist wichtig, das bringt Lebensenergie und Qualität. Trotzdem braucht man natürlich den drive, man muss gestalten wollen und das korreliert natürlich mit einer bestimmten Zeit, die man investieren muss.
JG: Unsere Schlussfrage: Was war in deinem Leben ein Geschenk, eine Strafe, ein Test?
JL: Ein Geschenk in meiner Karriere war meine General-Management-Position, die auch in Personalunion die Position des Head of Sales beinhaltete. Sie hat meine Glaubenssätze ad absurdum geführt – ich dachte immer, ich bin ein „Marketer“ und kann keinen Verkauf. Aber ich bin in diese Position gebracht worden, dabei hatte ich das nie gemacht. Das war das Schönste, was mir passieren konnte – und gleichzeitig ein Test. Am Ende habe ich gemerkt, dass die Grenzen nur in meinem Kopf gewesen sind. Seitdem habe ich keine Angst mehr, jetzt traue ich mir auch jeden großen Job zu! Pippi Langstrumpf hat das ja so schön gesagt: „Das habe ich noch nie vorher versucht, also bin ich völlig sicher, dass ich es schaffe.“ Das ist ein wundervolles Zitat! Die größte Strafe war vielleicht, an einem Ort gewesen zu sein, wo ich mich nicht zugehörig fühlte. Man braucht auch im Beruf das Gefühl, Teil von etwas zu sein. Wenn das nicht so ist, muss man sich fragen, ob die Position einem gut tut, ob man das wirklich möchte. Diese Frage sollte man sich mutig stellen, auch wenn es nie einfach ist, die eigene Komfortzone zu verlassen.
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